Monat: Oktober 2022

Die Erdbeerschale von Melanie Barbato

Eine literarische Entdeckung

Kürzlich ist, im Ralf Schuster Verlag Passau, Melanie Barbatos Gedichtband „Die Erdbeerschale“ erschienen. Ich bin kein Literaturkritiker, nicht einmal ein literarisch besonders gebildeter Mensch, möchte aber dennoch mit diesen Zeilen versuchen, meine wärmste Empfehlung auszusprechen: Stillleben mit Erdbeeren Wieviel besser als Totenkopf und Stundenglas Ist doch eine Schale voll frischer Erdbeeren Jeder weiß wie köstlich Erdbeeren schmecken Mancher wünscht sich statt des Bildes die Frucht Doch auch das Bild gefällt Niemand meint, Du seist affektiert Deine Mutter sagt nicht: Häng das ab Höchstens, dass ein Gast zu schnell vorüber geht Er kann ja wiederkommen Bereits dieses erste Gedicht (S.9) ist getragen von einer, wie mir scheint, für die Autorin typischen Spannung aus Ernst und gelassener Heiterkeit, Lebensfreude und Tiefe des poetischen Suchens und Fragens, die mir beim Lesen immer wieder ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat, während schon der nächste Vers mich mit Staunen erfüllen konnte, über die existenzielle Kraft eines Bildes, etwa jenes, das die Lyrikerin für die höchste Stufe des Vertrauens findet (S. 17): Drei Stufen des Vertrauens, nach Al-Ghazali Vertrauen wie der Mann, der eine Sache seinem Anwalt überträgt Vertrauen wie das Kind, das weiß, dass es die Mutter schützt und pflegt Vertrauen, ohne Trachten, ohne eignen Sinn So wie der Leichnam in der Hand der Wäscherin Das ist große Poesie, die ohne jedes Pathos auskommt. Hier bin ich ergriffen, im besten Sinne des Wortes, und mag mich dem Gedankengang der Autorin überlassen, die mich an der Kinderhand führt, bis in die Zone des völligen Überlassenseins…