Autor: Andreas-Koenig

Christ zu werden ist nicht nur erfüllend, sondern auch höchst anspruchsvoll…

Der Lyriker Andreas König im Gespräch mit Stephan Lüttich. aus den Reinhold Schneider Blättern (Band 3, Ralf Schuster Verlag Passau, 2017) Herr König, dankenswerter Weise haben Sie den Reinhold Schneider Blättern erneut ein noch unveröffentlichtes Gedicht zur Verfügung gestellt. Ausgehend von einer Architekturbeobachtung steigen wir hinab in den Urgrund des Christentums – historisch mit dem Hinweis auf die Reliquien der Märtyrer, existentiell im Verweis auf den zuweilen fließenden Grund des Glaubens. Dieses Ausgehen von der Begegnung mit historischen Gebäuden, vor allem Kirchengebäuden, findet sich auch in vielen anderen Ihrer Werke – wie übrigens nicht selten auch bei Reinhold Schneider. Ist lyrisches Schaffen für Sie grundsätzlich ein Weg von außen nach innen? Lyrik ist für mich eher der Schnittpunkt zwischen dem Äußeren und dem Inneren. Ausgangspunkt für ein Gedicht kann sowohl die Begegnung mit einer Kirche sein, als auch ein Wort, eine Erkenntnis, die betroffen macht oder erhellend wirkt. Immer geht es darum, „Licht ins Dunkel“ – und zwar zuvorderst in mein eigenes – zu bringen. Ich habe dabei das Gefühl, eher ein Interpret dessen zu sein, was andere, größere Geister bereits vor mir gesehen, gedacht, empfangen haben. Doch erst die Interpretation integriert das Erlebte und Erfahrene in mein eigenes Leben. Selbst, wenn ich meine: Dieser Gedanke, diese Verknüpfung ist neu, stelle ich meist irgendwann später fest, dass schon jemand vor mir darauf gekommen ist. Das bekümmert mich jedoch keineswegs, sondern es freut mich, gliedert mich ein in eine Art von geistiger Gemeinschaft, in der man gerne teilt und einander hilft.…

Glückliche Tage

Im Sommer dieses Jahres machte mich Prof. Hans Unterreitmeier auf seine Besprechung der Video-DVD „Vom grössten aller Wunder – Betrachtungen über das Wessobrunner Gebet“ von Karl Michael Ranftl aufmerksam. Sie nimmt den Betrachter und Zuhörer mit auf eine musikalisch-meditative Reise zu den Wurzeln des ältesten deutschsprachigen Gedichts christlicher Prägung, interpretiert dieses sprechend, singend, tanzend an verschiedenen, bedeutenden Orten des sog. „Pfaffenwinkels“ in Oberbayern. Dort bin ich aufgewachsen, dort lebt und wirkt der Autor. Seine Tochter Katharina und er geben den alten Worten ihre Stimme und verknüpfen dabei Text, Klang und Landschaft in einzigartiger Weise miteinander. Wer möchte, kann sich über das Werk unter www.kieselklang.de informieren. Das oben wiedergegebene Bild von der Kreuzbergkapelle bei Wessobrunn stammt von Karl Michael Ranftl. Der Überlieferung nach wurden dort einst Mönche des Klosters, auf ihrer Flucht vor den Hunnen, überfallen und ermordet. Davon freilich verrät dieses schöne Winterbild nichts, außer vielleicht demjenigen, der um die wechselvolle, teils auch blutige Geschichte dieses Ortes weiß. Mir hat dieses Bild große Freude gemacht, erinnert es mich doch an „meine Wurzeln“ und an viele glückliche Tage, die ich in und bei Wessobrunn verbringen durfte. Karl Michael Ranftl verdanke ich auch den Hinweis auf die Pfarralpe bei Missen. Als ich im Herbst einmal eine längere Mittagspause hatte, bin ich dort hinaufgewandert, sozusagen seinen Spuren folgend. Geht man noch ein wenig weiter, erreicht man einen schönen Aussichtspunkt oberhalb des Alpsees, wo es sich auch – vor großer Kulisse – gut Brotzeit machen lässt. In der Zeit danach entstand dieses Gedicht:  …

Dank an einen Freund und Kollegen

zum Tod von Dr. Erich Jooß am 28.10.2017 Vor kurzem ist der Kinderbuchautor, Geschichtenerzähler und Lyriker Erich Jooß im Alter von 71 Jahren verstorben. Auch, wenn wir zuletzt nicht mehr in Kontakt standen, so verband uns doch über längere Zeit ein intensiver Austausch: Regelmäßig schickten wir uns Gedichte, die der andere dann kritisierte. Mehr noch: Ganze Manuskripte wurden gelesen und gewürdigt. So nahmen Anregungen und kritische Anmerkungen des Lyrikers Einfluss auf den „Alten König des Maronenhains“ und schärften meinen Blick für die eigenen Bilder. Blinde Flecken füllten sich so – und verbrauchte Bilder oder qualitativ mangelhafte Texte verschwanden. Darüber hinaus fand ein Nachwort Aufnahme in das Buch, über das ich mich heute noch freue – und das mich ehrt. Erich Jooß war es ein Anliegen, Gedichte zu schreiben, die man verstehen kann, und ich mochte und mag die Klarheit und Einfachheit seiner Texte sehr. Immer habe ich sie wie „Schwarzbrot“ empfunden: Gutes Brot zeichnet sich bekanntlich dadurch aus, dass man es auch ohne Aufstrich und Auflage genießen kann. Mit klarem Wort und ehrlichem Wesen half er mir, Distanz zu meinen Arbeiten zu finden – auch, wenn manche Kritik Zeit brauchte, um „verdaut“ und damit „nahrhaft“ zu werden. Meist wurde sie es. Unvergessen sind auch die gegenseitigen Besuche und die intensiven Gespräche und Begegnungen, die uns geschenkt waren. Davon mag ein bisher unveröffentlichtes Gedicht Zeugnis geben, das nach unserem letzten Besuch entstanden ist: Fassade (St. Michael, Berg am Laim, München)   Der Engel stach zu … Das Licht ist sanfter mit…

Ein neues Buch ist im Entstehen begriffen

So, wie momentan geplant, wird es in mehrfacher Hinsicht ein besonderes sein: U.a. planen mein Verleger und ich, die Gedichte teilweise mit Fotos zu versehen und so ein zusätzliches, spannungsreiches Element hinzuzufügen – das des Dialogs zwischen zwei „Bildwelten“. Zum jetzigen Zeitpunkt soll noch nicht mehr verraten werden. Erscheinen wird der Band vielleicht noch im Herbst oder Winter dieses Jahres. Noch gibt es eine Menge zu tun, so wie immer, wenn ein Projekt seine druckreife Form finden soll. An dieser Stelle aber gilt schon mein Dank Herrn Dr. Schuster für sein verlegerisches Engagement und seine Unterstützung meiner Arbeiten, aber auch Frau Christa Pantke, die ja bereits das Titelbild zum Band „Zwischentoren“ beigetragen hat, und die nun mehrere Bilder zu Texten angefertigt hat, welche im Raum Passau verortet sind. Dabei hat sich bereits in berührender Weise gezeigt, wie der oben erwähnte Dialog entsteht – hier zwischen der Fotografin, die mit dem Gedicht vertraut ist, und ihrer Art, den jeweiligen Ort zu sehen. Herzlichen Dank für all ihre Mühen! – Auch meinem ältesten Sohn möchte ich danken, denn auch er hat sein „fotografisches Auge“ zur Verfügung gestellt – und mir viel dabei geholfen, Texte und Bilder zusammenzufügen. Sobald Näheres mitgeteilt werden kann, wird dies an diesem Ort geschehen. Jetzt, da der Herbst begonnen hat, möchte ich diesen Eintrag mit einem Gedicht beenden, passend zur Jahreszeit:   Schafe im Tal (Blick vom Schlossanger bei Pfronten) I Bild deiner Bilder II Auf der Augenweide grast die Herde, der ich fehle III Im Herbst bin…

Den Blick für den Himmel offenhalten

Beitrag einer Leserin Lieber Herr van Wickeren, mit großem Interesse habe ich mir gestern nun die einzelnen Beiträge auf Ihrer Internetseite durchgelesen. Ich bin wirklich sehr beeindruckt von dem, was diese Seite alles in sich hat und freue mich vor allem über die vielen positiven Stimmen, die aus Fachkreisen zu ihren Büchern kundgetan wurden.  Ich finde, sie spiegeln in sehr gebührender Weise die Genialität Ihrer Texte wieder und sind es wirklich wert, auf dieser Seite festgehalten zu werden. Auch die Lesungen aus der Sendereihe „Lesezeichen“ gefallen mir sehr gut. Das Hören der Gedichte berührt noch mehr und tiefer, als sie das beim Lesen schon tun.  Dann sind da noch die schönen Beiträge über den Autor, der die „Worte wörtlich und die Orte örtlich“ nimmt... das versetzt mich in der Tat immer wieder in Staunen, mit welcher Beobachtungsgabe Sie sowohl Orte wie Worte von ihrer Bedeutung her wahrnehmen und dann mit so reduzierten Mitteln so Großes zum Ausdruck bringen. Die Überschrift in dem ersten Kommentar von der Allgäuer Zeitung lautet ja, jedes Gedicht ist ein Gebet. Auch wenn nicht alle Gedichte auf den ersten Blick als solches erkennbar sind, so ist doch der Geist, der zu diesen Texten inspiriert, in allen Facetten spürbar. Ich bin sehr dankbar für Ihre Gedichte, denn sie helfen mir, über meinen Horizont hinaus zu denken und den Blick für den Himmel offen zu halten. Und das geschieht auf so einmalige und verborgene Weise, völlig überraschend und in ungeahnter Dimension. Manchmal sind es einzelne Zeilen eines Gedichts,…

Andreas König im Interview mit Ralf Schuster, Verleger Zwischentoren

erschienen in den Informationen des Ralf Schuster Verlags Sehr geehrter Herr König, nach den Gedichtbänden „Gespräche am Jakobsbrunnen“ und „Der alte König des Maronenhains“, die 2010 und 2013 im Echter-Verlag erschienen sind, ist Ihr neuester Lyrikband 2015 in meinem Verlag herausgekommen, worüber ich mich sehr freue. Der Titel lautet "Zwischentoren". Was ist darunter zu verstehen und was darf der Leser von diesem Band erwarten? Früher nannte man das zwischen dem Fernpass und Reutte in Tirol gelegene Land „Zwischentoren“, weil es zwischen den Toren von Schloss Fernsteinsee und der Klause Ehrenberg liegt, wo die Händler jeweils Maut zu entrichten hatten. Durch einen Film von Dieter Wieland wurde ich auf die Geschichte der Gegend und ihrer alten, teils antiken Straßen aufmerksam. Persönlich ist mir darüber hinaus die Landschaft aus meiner Kindheit sehr vertraut. Anfang letzten Jahres bin ich, bei einem Aufenthalt in Reutte, erneut auf diesen Namen gestoßen. Da fiel die Entscheidung, ihn zum Titel der neuen Gedichtsammlung zu machen. „Zwischen den Toren“ von Geburt und Tod bewegen wir uns, ausgestattet mit „nichts als einem Mundwerk“, mancher auch mit einer Feder, die ihn seine Erfahrungen und inneren Bewegungen schreibend festhalten lässt. Bei mir gehören die Begegnung mit geschichtsträchtigen Orten, mit der Natur, und Spaziergänge durch die inneren und äußeren Landschaften des Glaubens dazu. Ich lebe „im Angesicht des Todes“ und mich faszinieren die Spuren derer, die vor mir gelebt haben, vor allem die unauslöschlichen Spuren jenes Mannes, die mit seinem Tod am Kreuz nicht geendet haben. Ich finde sie in meinem Leben…

Wie ein Gedicht entsteht

An einem Sonntag im Mai waren mein jüngster Sohn und ich oberhalb des Rottachsees unterwegs. Wir erreichten den Weiler Wachsenegg, an dessen Rand, bevor der Weg Richtung Sulzberg hinunterzieht, eine kleine Kapelle steht. Ihr Standort oberhalb des offenen Illertals ist sehr reizvoll. Als wir ankamen, stand die Tür offen. Drinnen erwartete uns ein Marienbild mit Jesuskind. Der Gegensatz zwischen dem nahezu winzigen „Gotteshaus“ und der weiten Landschaft – an jenem Tag zogen mächtige, gewitterschwangere Wolken am Himmel dahin – ließ mich nicht los. Eindrücke, die mich nicht loslassen, sind oft die Keimzelle eines Gedichts. Eine knappe Woche später meldete sich die Zeile: Die Tür zum Bild/ stand auf. Was zunächst wie eine nüchterne Beschreibung klang, entpuppte sich als treffende Beschreibung für jenen inneren Zustand, in dem ich mich befinde, wenn ich zu schreiben beginne. Dann steht „die Tür“ auf – zu einem Bild, das sich bereits geformt hat oder noch dabei ist, es zu tun. Diese Verknüpfung hatte ich nicht beabsichtigt; sie wurde (mir) geschenkt. Augenblicklich trat meine ursprüngliche Absicht, also das, worüber ich hatte schreiben wollen, in den Hintergrund. Bald fügte sich an jene erste eine weitere Strophe: Die Wolken/ zogen Zeilen. Dieser Einfall fügt den Eindruck des Himmels und die Absicht des Gedichts, nämlich, von seiner Entstehung und seinem Verhältnis zum Autor zu sprechen, zusammen. Auf dem Fuße folgte die dritte und bereits letzte Strophe: Die Jungfrau kam/ zum Kind. So war ich zu einem Gedicht gekommen, das ausdrückte, was beim Schreiben von Gedichten manchmal geschieht. Nicht immer…